Thandoria

📜 Die Entstehung Thandorias

– Wie das Lied der SphĂ€ren eine Welt gebar –

„Bevor das erste Licht fiel, war Klang.“
– Fragment aus der verschollenen Chronik der Arkanarchen


In der Zeit vor der Zeit, als es weder Oben noch Unten gab, und selbst der Begriff „Zeit“ noch keine Bedeutung hatte, schwebte in der Leere ein einziger Laut – nicht gesprochen, nicht gespielt, sondern gewesen.

Er war kein Ton, wie wir ihn kennen – er war reine Schwingung, eine vibrierende Wahrheit ohne Form. Diese erste Schwingung wurde bald zur zweiten, dann zur dritten – und die SphĂ€ren begannen zu singen.

Ihr Gesang war der Ursprung von allem.


Der Klang formt die Welt

Die SphĂ€ren – uralte, bewusste Strukturen aus Klang und Wille – stimmten sich aufeinander ein. Jede einzelne von ihnen sang einen Teil des Großen Liedes.

  • Wenn zwei Stimmen sich trafen, entstand Raum.

  • Wenn drei sich ĂŒberschnitten, entstand Bewegung.

  • Wo viele sich verbanden, begannen Muster zu leben – Strudel, Spiralen, Flammen, Nebel.

So entstand aus dem Lied die Welt, die wir heute Thandoria nennen. Doch damals war sie namenlos, formlos, rein – ein Tanz aus Licht, Luft, Klang und Kraft.


Die Ersten – die Arkanarchen

Die ersten Wesen, die sich aus dem Lied lösten, waren die Arkanarchen – körperlose HĂŒter der reinen Magie. Sie waren nicht gemacht, sie klangen einfach.

Jeder Arkanarch war wie ein Vers in einem unendlichen Lied. Sie trugen Namen, die heute lÀngst vergessen sind, und Stimmen, die Wirklichkeit formten.

  • Einer ließ durch sein FlĂŒstern den ersten Berg aus der Tiefe steigen.

  • Eine andere malte durch ihre Harmonie den ersten Wald auf nacktem Gestein.

  • Einer sang so hoch, dass der Himmel sich ĂŒber die Welt spannte.

Sie schufen nicht aus Macht – sie sangen aus Sehnsucht.


Der Streit der Stimmen

Doch wie in jedem Chor kam der Tag, an dem sich Stimmen widersprachen.

Der Arkanarch Vael’dor, der Tiefenstimmige, stellte eine Frage:
„Was, wenn das Lied nicht uns gehört? Was, wenn andere es singen sollten?“

Er meinte damit Wesen aus Stoff und Blut, mit eigenen Kehlen – Schöpfungen, die frei wĂ€hlen dĂŒrften, was sie singen.

Die meisten Arkanarchen widersprachen ihm. „Nur die Reinheit darf tönen“, sprachen sie. „Freiheit bringt Dissonanz.“

Doch Vael’dor schwieg nicht – er zerriss das Lied.

In einem einzigen gewaltigen Ton brach die Harmonie. Die Schwingung zerfiel in Fragmente – Feuer, Eis, Schatten, Licht, Blut und Traum.

So entstand, was wir heute Magie nennen – keine einheitliche Kraft mehr, sondern Splitter des einst reinen Liedes.

Und aus diesen Splittern entstanden – wie Funken aus zerberstendem Klang – die ersten sterblichen Wesen:
Menschen. Elfen. Nebelgeborene. Knochenvolk. SchattenlÀufer.


Das verstummte Lied

Die Arkanarchen verschwanden. Einige sagen, sie zerfielen in die Elemente. Andere meinen, sie singen noch immer – in Windböen, Wellen, Donnern.

Vael’dor selbst wurde gebannt. Sein Name ist verboten in den Hohen Akademien, doch sein Wirken lebt fort – in jedem Zauber, in jedem Lied, das nicht nur nachahmt, sondern fĂŒhlt.

Thandoria wurde zur BĂŒhne der zersplitterten Melodie.


Das Erbe der Schwingung

Bis heute glauben die Weisen von Miriel, dass das Lied nicht verloren ist.
Sie lehren: „Jeder Zauber ist ein Vers, jeder Zaubernde ein SĂ€nger.“

Die Priester der Flammenweiten behaupten, Feuer sei Vael’dors erste Silbe.
Die Einsiedler des Grauen GĂŒrtels hören das Lied im Grollen der Berge.
Und in Glassee flĂŒstert das Eis von Harmonien, die nie erklangen.

Jede Fraktion, jedes Volk hört eine andere Melodie. Doch sie alle suchen dasselbe:

Das Wiederfinden der wahren Schwingung – das Vergessene Lied.


Und heute?

Heute ist Thandoria ein Ort der BrĂŒche – zwischen Magie und Ordnung, Klang und Chaos, Erinnerung und Legende.

Doch in jeder Figur, die sich aus dem Nebel erhebt, in jedem Artefakt, das aufglĂŒht, und in jedem Wesen, das zwischen Welten wandelt –
klingt noch ein Rest jener ersten Harmonie.

Vielleicht wird eines Tages jemand singen – und alles wird wieder ganz.